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Richard Freudenberg

Work-Life-Balance als Profi-Sportler

Hallo liebe Leserinnen und Leser,

Mein Name ist Richard Freudenberg, ich bin 21 Jahre alt und seit April 2017 Power Forward bei den FRAPORT SKYLINERS.

Work-Life-Balance ist momentan in jeder Branche und in jedem Berufsfeld ein großes Thema. Unternehmen nehmen Rücksicht auf die Work-Life-Balance ihrer Angestellten in Form von flexiblen Arbeitszeiten, Home- Office und sonstigen Möglichkeiten.

Wie gestaltet sich aber die Work-Life- Balance, wenn man sein Hobby zum Beruf macht und Profi-Basketballer wird? Oft bekomme ich von meinen alten Schulfreunden zu hören, was ich doch für ein entspanntes Leben hätte. Zweimal am Tag Training und sonst nur Freizeit. Zugegeben, wenn man das hört, hört es sich nach einem sehr entspannten Leben an. Doch das wird oft sehr unterschätzt.

Als ich noch in München in der Jugend beim FC Bayern Basketball gespielt habe und mit fünfzehn Jahren das erste Mal mit der Profi-Mannschaft trainieren durfte, hatte ich ein Meeting mit dem damaligen Coach Svetislav Pesic, der in Europa einen Legenden- Status genießt und aktuell Trainer des FC Barcelona ist. Er sagte damals zu mir: „Wir trainieren einmal am Tag, 24 Stunden.“ Als fünfzehnjähriger Schüler habe ich damals nur gelacht. Aber heute verstehe ich, dass das kein Scherz war.

Auf unserem Trainingsplan steht zwar „nur“ zweimal Training am Tag, aber alles was wir als professionelle Basketballer machen, dreht sich um unseren Sport, das Team und unsere Karriere. Unser ganzes Leben dreht sich um Basketball. Im Zeitraum ab der Saisonvorbereitung bis zum Saisonende haben wir quasi keine Freizeit. Jeden Tag stehen Training, Videoanalysen und Meetings an. Und wenn wir mal einen Tag in der Woche frei bekommen, ist das meist der Montag, da am Sonntag oft gespielt wird. Wenn wir Samstag spielen, ist am Sonntag oft noch eine Videoanalyse oder eine Recovery Einheit.

Die Freizeit leidet darunter natürlich sehr. So sind Aktivitäten, die mehr als ein paar Stunden, geschweige denn Tage in Anspruch nehmen, kaum möglich. Hinzu kommt, dass wir immer auf Abruf sein müssen. Selbst an einem freien Tag kann es, wenn auch nicht oft, vorkommen, dass eine spontane Einheit in den Tag geschoben wird. Man kann also sagen, dass wir, auch wenn wir keine festen Arbeitszeiten haben, auf keinen Fall flexibel sind.

Im Gegenteil sind wir noch unflexibler als jemand, der den ganzen Tag im Büro sitzt. Wir können zwar mittags einen Kaffee trinken gehen oder manchmal auch einen Mittagsschlaf machen – was meiner Meinung nach aber nicht die gerade genannten Punkte ausgleicht.

Was außerdem oft unterschätzt wird, ist, dass wir natürlich nach dem Training total ausgepowert sind. Wir müssen es schaffen – oder zumindest versuchen – uns innerhalb von ein paar Stunden so gut zu regenerieren, dass wir für die zweite Trainingseinheit am Tag wieder fit sind und performen können. Dazu gehört direkt nach dem Training die Behandlung beim Physiotherapeuten, Eisbäder, Dehnen, Faszien ausrollen und vieles mehr. Die Ernährung spielt da natürlich auch eine große Rolle. Aber versucht es doch einfach einmal selber: Wenn ihr mal einen Tag frei habt, geht morgens trainieren und powert euch richtig aus und versucht dann, wieder fit zu werden, um am Nachmittag nochmal eine intensive Einheit zu machen. Gar nicht so leicht.

Eine langfristige Planung ist in unserem Leben quasi unmöglich. Im Sommer haben wir zwar eine Pause, die aber trotzdem gefüllt wird mit Training, um an Techniken und im Kraftraum zu arbeiten. Urlaubsplanung findet also immer sehr kurzfristig statt und ist quasi unmöglich zu planen. Der Winterurlaub fällt bei uns logischerweise komplett aus, da wir im Winter als Hallensportler keine Pause haben. Im Sommer ist die einzige Zeit, in der wir mal für ein paar Wochen abschalten und in den Urlaub fahren können.

Trotzdem muss man sagen, dass wir unser Hobby zu unserem Beruf gemacht haben. Insofern sehe ich mich nicht als Angestellter bei einem Verein, sondern ich spiele Basketball für mein Leben gerne und könnte mir kein Leben ohne vorstellen. All diese genannten Dinge nehme ich sehr gerne in Kauf und sehe es als Privileg, den Sport, den ich liebe, auf so einem hohen Niveau ausüben und mit diesem mein Lebensunterhalt verdienen zu können. Basketball steht nach meiner Familie für mich an erster Stelle und ich verzichte sehr gerne auf den Winterurlaub in den Bergen oder die ein oder andere Party, um meiner Passion nachzugehen. Außerdem versuche ich natürlich, noch besser zu werden, um in ein paar Jahren auf einem noch höheren Niveau zu spielen.

Dies trifft meiner Meinung nach auch auf jedes Berufsfeld zu. Egal was man macht, wenn man seine Passion gefunden hat und das Arbeiten nicht mehr Arbeiten ist, sondern Spaß, dann steht einem nichts mehr im Wege und man verzichtet gerne auf alles andere. Das wird einem auch langfristig zum Erfolg führen.

Karriereplaner - Ausgabe: SoSe 2020