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„Bretter, die die Welt bedeuten“

oder „nicht alle Wege führen zu einem direkten Abschluss“

Maja Wolff, Schauspielerin, Regisseurin, Dramatherapeutin, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Dipl. Sozialarbeiterin ist auch heute noch beruflich in allen Bereichen irgendwie tätig. Im Moment verstärkt als Regisseurin für das Stück: Gay for one day. Wie sie das alles unter einen Hut bekommt, ganz einfach, so Maja Wolff. Ein Interview mit Maja Wolff zu führen ist wohl genauso chaotisch wie ihr akademischer Werdegang und doch zieht sich ein roter Faden durch ihren beruflichen Weg – die Schauspielerei.

Was hast du wann und wo studiert?
Nach meinem Abitur hab ich mich für die Chinesische Heilkunde interessiert und dachte mir, dass ich Chinesisch studierensollte. Das ich Schauspielerin werden würde stand tief in mir schon lange fest, doch meine Eltern waren von dieser Idee nicht überzeugt. Daher mein Entschluss für die Sinologie an der Goethe-Universität. Allerdings habe ich das Studium nicht beendet, da es ein Vollzeitstudium gewesen und meine Schauspielerei dabei zu kurz gekommen wäre, so dass ich mich für eine bodenständige Ausbildung zur Arzthelferin entschieden habe. Danach war ich mir unsicher, ob ich Romanistik studieren oder mich nochmal bei einer Schauspielschule nach Grotowski bewerben sollte. Ich entschloss mich dann zu eineinhalb Jahren Schauspielschule, nebenbei kümmerte ich mich um meine Tochter und nahm weiterhin Gesangsunterricht. Im Anschluss zog ich mit dem Kindertheater – dem heutigen Papageno Theater – und meiner kleinen Tochter durch Deutschland und trat an verschiedensten Orten auf. Letztendlich habe ich Sozialarbeit studiert, abgebrochen und viele Jahre später habe ich das Studium wieder aufgenommen und ohne Unterbrechungen mein Diplom 2004 an der FH absolviert. Danach wollte ich eine Ausbildung in der Familientherapie machen. Nach einer kurzen Teilnahme musste ich fest stellen, dass ich durch viele Fortbildungen in dem Bereich irgendwie schon darüber raus war und bin umgeschwenkt: Ein Kollege an der FH erzählte mir, ich hatte damals einen Lehr auftrag dort, dass die Dramatherapeuten einen Vortrag halten würden und ob das nicht etwas für mich wäre. Ich dachte mir warum nicht und fuhr dort hin. Die Weiterbildung Dramatherapie ist in Module aufgeteilt und kann neben dem Beruf abgeschlossen werden. So habe ich in Freiburg an der DGFT eine Ausbildung zur Drama- und Theatertherapeutin absolviert. Im Anschluss habe ich noch eine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie gemacht – autodikatisch – und ich muss zugeben, dass das nach einer unglaublichen Lernerei eine meiner schwierigsten Prüfungen war. Die Verknüpfung von Dramatherapie und Theater, also von Therapie und Kunst, waren aus heutiger Sicht wichtige Schritte für mein Berufsleben. Heute versuche ich meine Erfahrungen weiterzugeben und junge Leute zu schulen und sie nachhaltig zu unterstützen. Ein interessantes Projekt ist zum Beispiel Theater im Knast. Aufgebaut auf drei Säulen: Kunst, Pädagogik und Strafvollzug. Auch wenn es viel Mühe kostet bekommt man doch sehr viel zurück, vor allem von den Menschen für die wir das machen und von der Öffentlichkeit, die diese Kunstart sehr schätzt und uns sehr unterstützt.

Wie und wann kamst du zur Schauspielerei und zum Gesang?
Mit fünf Jahren habe ich Opern gesungen, laut meiner Mutter wie eine Göttin. Meine Familie und ich haben immer und überall gesungen, meistens in der Küche wenn wir da zusammen das Essen vorbereiteten oder einfach nur zusammen waren. Für mich war klar ich möchte Sängerin und Schauspielerin werden. Ich absolvierte eine private Ausbildung in der Schauspielerei ohne qualifizierten Abschluss, bekam danach direkt ein Arrangement beim Kinderschauspieltheater, spezialisierte mich dann auf Kabarett und kam schließlich auf die Figur Anton le Goff. Die Rolle des Mannes war mir schon immer ein Rätsel, was genau bildet den Unterschied zwischen Frau und Mann, das Denken, Fühlen und Leben. Das alles lebt Anton in seiner Bühnenfigur aus. Auch wenn meine Eltern wollten, dass ich Jura oder Medizin studiere, so sind sie heute sehr stolz auf mich.

Was machst du aktuell beruflich?
Im Moment mache ich eine Inszenierung, also bin als Regisseurin tätig für das Stück „Gay for one day“. Ein schönes Programm über Homosexualität aus der Sicht eines „Hitzlsperger“-Schwulen, also verschiedene Sichtweisen auf den normalen Alltag eines Homosexuellen und dessen ungewöhnliche Blickwinkel. Im Oktober arbeite ich mit einem langjährigen Kollegen an einem Projekt mit Demenzkranken und Jugendlichen, „Jugendalter“ heißt es. Und natürlich die Vorbereitungen für das „Grüne Soße Festival 2015“, denn nach dem Festival ist vor dem Festival, da ist immer allerhand zu organisieren, Sponsorengewinnung, Programm, Vermarktung, und und und. Auch trete ich regelmäßig um die Weihnachtszeit mit Anton auf, dieses Programm möchte bis dahin durchdacht und einstudiert werden.

Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus?
Ich berichte Dir einfach von meinem heutigen Arbeitstag, denn kein Tag gleicht dem anderen. Ich bin aufgestanden, versuche morgens direkt Sport zu machen, fahre zur Arbeit und hatte heute einen knackigen Bürotag. Weil hier heute viel zu organsieren war. Eine Mitarbeiterin geht in den Mutterschutz, da müssen die Projekte übergeben werden, dann ist gerade Urlaubszeit da muss auch jeder einspringen und im Anschluss an unser Interview ist direkt Probe für die Inszenierung „Gay for one day“. Danach fahre ich nach Hause. Meine Arbeitstage sind gefüllt mit Terminen, das Ausfüllen von Finanzierungsanträgen, Akquise von Sponsoren, Flyer entwerfen… Wenn Leute denken, dass Schauspieler immer um die Mittagszeit aufstehen ist das Lug. Da gehört noch viel viel mehr dazu.

Anton Le Goff – woher stammt die Idee, warum männliche Charaktere?
Damals dachte ich Männer hätten es einfacher als Frauen. Ob beruflich oder im Leben selbst. Ich fing an mich mit der Psychologie des Mannes zu beschäftigen. Heute weiß ich, dass es Männer nicht einfacher haben als Frauen. Sie wirken zwar härter und unverletzlicher, doch das ist in den meisten Fällen nur das Äußere. Es ist in jedem Fall spannend, wenn die Grenzen zwischen dem vermeintlich männlichen und weiblichen Verhaltensmustern verschwimmen. Meine Freundin schenkte mir damals Karten für Georgette Dee. Ein Mann, der sich als Frau verkleidet und der damals zu einen der Diven gehörte. Ich saß mit ihr in der Show und klopfte ihr kurze Zeit später auf ihr Knie, wir gingen raus und ich sagte: Das ist es, warum gibt es keine Frau, die als Mann auftritt? Die Idee entstand 97, 98 wurde Anton in der KäS geboren. Ich wollte etwas darstellen was es so noch nicht gab und direkt mit dem ersten Auftritt wurde der charmante Anton beim Publikum zum Sympathieträger. Eine Kunstfigur, die mein Leben verdoppelt und mein alter Ego zum Leben erweckt.

Die Idee mit dem Grüne Soße Festival, woher, warum, wo und seit wann?
Auch das ist eigentlich aus einer verrückten Idee entstanden und hat sich dann zu einem Format entwickelt, das inzwischen aus dem Kulturkalender der Stadt Frankfurt nicht mehr wegzudenken ist. Wir haben mit einem tollen Team diese Show entwickelt und etwas geschaffen, das die Region auf ungewöhnliche Weise abbildet. Das Kulturgut Grüne Soße steht für die Region, der Wettbewerb der Gastronomie ist für die Leute ein tolles Event und als Kulturschaffende haben wir uns natürlich bemüht, aus all dem eine gute Show mit vielen Künstlern der Region zu gestalten. Das ist offensichtlich gelungen. Die ersten zwei Male wurde das 7-Kräuter-Festival in der Brotfabrik ausgerichtet. Sieben Tage duellierten sich sieben Köche. Das Finale der sieben Tagessieger wurde damals im Frischezentrum in Kahlbach ausgetragen. Wir dekorierten diese riesige Halle um, bauten eine große Bühne rein und ernteten großen Beifall von rund 550 Teilnehmern. Dafür hatte sich die Arbeit und Mühe sehr gelohnt. Auch wenn ich anfangs keine Ahnung von der Gastronomie hatte, wusste nichts über Akquise von Sponsoren und ähnliches. Doch diese neue Herausforderung habe ich gern angenommen, viel gelernt und versuche sie weiterhin bestmöglich umzusetzen.

Du warst Teil der Ausstellungseröffnung von „Einzel und Gemeinsam – 100 Jahre starke Frauen an der Goethe-Universität“ warum und wie kam es dazu?
Die Organisatoren hatten mich angefragt, weil Anton als Frauenversteher, Vorzeigesingle und Spezialist für die unübersichtlichen Gräben des Geschlechterkampfs immer gut zu gebrauchen ist. Und Anton glaubt ja fest dran, dass Frauen es leichter haben als er - so ist zu erklären, dass die kabarettistische Einlage für die Ausstellung gut gepasst hat.

Dein Tipp für die Studierenden ihren Berufstraum zu verwirklichen?
Das ist nicht einfach zu beantworten. Man sollte auf jeden Fall seinem Herzen folgen. Und wenn man nicht so genau weiß, was man machen soll oder wie es weiter gehen soll - einfach mal ausprobieren, auch mal gegen den Strom schwimmen. Niederlagen bewältigen und Ängste die evtl. durch Familie, Freunde, Medien geschürt werden müssen auch mal ignoriert werden und dafür sollte man etwas riskieren. Jeder kennt unbequeme Dinge, Prüfungen oder ähnliches, nicht davor weg laufen, sondern genau diese Sachen zu erst erledigen. Nicht aufschieben und warten, sondern das Leben in die Hand nehmen und handeln.

Karriereplaner - Ausgabe: WS 2014/2015