„Diversity“, was ist das eigentlich?
Eberhard Koch: Diversity, das ist in gewisser Art und Weise ein modischer Begriff. Dabei geht es um die Vielfalt, die Vielfalt der Lebensmodelle und auch um die Frage, wie gehe ich mit einer so vielfacettig gestalteten Gesellschaft im Rahmen eines Unternehmens, einer Kanzlei, um.
Was bedeutet Diversity für Sie?
Koch: Unter Diversity verstehe ich eine bewusste Kultur der Rücksichtsnahme und des gegenseitigen Respekts, wobei dies unabhängig von Stellung, Herkunft oder Ähnlichem ist.
Wie erleben Sie Diversity bei der Arbeit im Frankfurter Büro und in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in den internationalen Büros von Weil?
Koch: Wir sind nicht alle gleich, das ist einfach so. Und ein Unternehmen, das alle seine Mitarbeiter über einen Kamm schert, das macht etwas falsch. Diversity ist nicht etwas, was man auf den Aspekt der Herkunft beschränken sollte. Bei Diversity geht es allgemein darum, sich die verschiedenen Hintergründe der Leute bewusst zu machen, und den jeweiligen Personen mit dem entsprechenden Respekt und der entsprechenden Rücksichtnahme zu begegnen. In Europa ist dies weniger eine Frage der Herkunft als vielmehr die Frage „Bin ich Partner, bin ich Non-Legal, bin ich Anwalt“ und dass alle Berufsgruppen innerhalb der Kanzlei sich gegenseitig in einer respektvollen und offenen kommunikativen Art und Weise begegnen. Es ist wichtig bei den einzelnen Personen in unserer Firma einen sinnvollen Ausgleich ihrer Interessen zu erreichen und sicherzustellen, dass sich keiner und keine in irgendeiner Art und Weise zurückgesetzt fühlt. Neben der unterschiedlichen Stellung im Betrieb gibt es natürlich auch Unterschiede in den Lebensentwürfen; eine Kanzlei von unserem Zuschnitt kann es sich nicht leisten, Aspekte wie z. Bsp. Familienplanung unberücksichtigt zu lassen. Ich sehe bei unserer Kanzlei insbesondere auch, dass man auf die verschiedenen Lebensmodelle Rücksicht nimmt, dass beispielsweise Elternzeit oder Teilzeitmodelle tatsächlich gelebt und umgesetzt werden, was sicherlich nicht selbstverständlich ist.
Christina Maurer: Auch geht es darum, dem Hintergrund des jeweiligen mit Respekt entgegenzutreten und ihm die Möglichkeiten zu geben, sich auch im Betrieb entsprechend zu entfalten. Hier sind die vielen Veranstaltungen, wie Sommerfest, Diversity Week oder ähnliches, die auch den Teamgeist fördern, wichtig. Nur wenn man miteinander spricht, sich gegenseitig kennenlernt, kann man den anderen auch als die Person, die er oder sie ist respektieren. Mit jemandem, mit dem man sich über private, bzw. nichtberufsbezogene Themen eine Viertelstunde unterhalten hat, arbeitet man einfach besser zusammen.
Gerade in der internationalen Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Büros weltweit lernt man diesen respektvollen Umgang oder diese besondere Gleichberechtigung kennen. Im englischsprachigen Miteinander ist der Vorname und das Du omnipräsent und so begegnet man auf unterschiedlichen berufl ichen Ebenen vielen Leuten in gefühlter Augenhöhe. Man merkt häufi g nicht, spreche ich gerade mit einem Partner oder mit einem jungen Associate wie ich selbst. Das fi nde ich eine ganz positive Sache.
Diversity bedeutet ja auch Förderung von Minderheiten. Was macht Weil in dieser Hinsicht für die Mitarbeiter?
Maurer: Wir haben fünf verschiedene sogenannte Affi nity Groups, das sind Interessenvertretungen für Minderheiten. In den beiden deutschen Büros ist vor allem die Women@ Weil Group stark. Dies hat den Hintergrund, dass einerseits Anwältinnen in den Großkanzleien noch unterrepräsentiert sind und andererseits, dass auch die Entscheidungsträger bei den Mandanten häufi g männlich sind. Vor kurzem gab es ein Mentoring-Training per Videokonferenz, an dem auch Kolleginnen aus anderen Büros, wie z. Bsp. New York, London, Prag, Paris teilgenommen haben. Es ging um die weitere Etablierung der kanzleiweiten Frauenförderung, um Mentorinnen und feste Ansprechpartnerinnen, die man auch mal bei nicht-juristischen Fragen ansprechen kann. Im Rahmen der Women@Weil Group beschäftigen wir uns auch mit sozialen Projekten außerhalb der Kanzlei. So beabsichtigen wir zukünftig u.a. ganz gezielt Frankfurter Frauen zu fördern, deren ausländische Berufsausbildung und/oder Studienabschluss nicht den hiesigen Ausbildungen entsprechen und daher nach unseren Systemen nicht anerkannt sind. Um ihnen die Jobsuche zu erleichtern, wollen wir uns an einem Projekt beteiligen, welches solche Frauen in der Bewerbungsphase unterstützt.
Diversity ist in den USA ein großes Thema, wie wird die Diversity in den beiden deutschen Büros, Frankfurt und München, erlebt?
Maurer: Unser New Yorker Büro, mit dem Weil 1931 gegründet wurde, war die erste große Law Firm, die ein fi rmen- also weltweites Diversity-Programm auf die Beine stellte. In den letzten Jahren werden auch in die Büros außerhalb der USA verstärkt Diversity- Trainings durchgeführt und alle zwei Jahre die Diversity Week. Während dieser Woche fi nden in den einzelnen Büros die verschiedensten Veranstaltungen statt und wir berichten einander über die Aktionen der letzten beiden Jahre. Dieses Jahr haben wir uns in Frankfurt mit unserem sehr „diversen“ Stadtviertel beschäftigt, vor zwei Jahren haben wir alle gekocht und Essen aus unseren Herkunftsländern bzw. den Ländern, in denen wir in der Vergangenheit gelebt haben, mitgebracht und die Rezepte in einem Kochbuch gesammelt. Bis auf Australien hatten wir alle Kontinente zusammen!
Koch: Das Bewusstsein für solche Dinge wie Diversity im täglichen Alltag zu fördern ist notwendig. Man schaut doch viel zu sehr auf sich selbst und es ist sicherlich gut und wichtig, immer mal wieder innezuhalten und auch nach links und rechts zu blicken.
Karriereplaner - Ausgabe: SS 2011