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Dieter Aurass

Interview mit Dieter Aurass

Die Fragen stellte Jessica Kuch

Wie wird man eigentlich Autor? Dieter Aurass, Polizeibeamter und Kriminalroman Autor gibt Antwort auf die Frage.

Herr Aurass, wie lässt sich der Beruf des Polizeibeamten und des Autors kombinieren?
Da ich ja inzwischen im Ruhestand bin, kombiniere ich nicht wirklich – aber ich profitiere natürlich von meinem früheren Beruf, da er mir Einblicke in die menschliche Psyche gewährt hat, wie sie so nicht jeder erfährt. Außerdem habe ich unglaublich viele interessante Menschen kennenlernen können und müssen, was sich sicherlich in meinen Büchern niederschlägt.

Haben Sie auch schon vor Ihrer Pension Bücher geschrieben und veröffentlicht?
Ja, allerdings nur in der Freizeit :-) und ich habe sie unter Pseudonym (Francis Fein) veröffentlicht. Diese beiden Bücher habe ich auch ohne Verlag als sogenannter Selfpublisher herausgebracht.

Warum damals unter einem Pseudonym und heute nicht mehr?
Das war eine Forderung des Verlages, mit dem ich zu dieser Zeit bereits einen Buchvertrag hatte. Man wollte nicht, dass mein Name „verbrennt“, denn erfahrungsgemäß weisen viele selbstveröffentlichte Bücher nicht die hohe Qualität eines verlagslektorierten Buches auf – wie ich leider auch schon selbst beim Lesen solcher Bücher manchmal feststellen musste.

Können Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang bei der Polizei schildern?
Bereits kurz vor dem Abitur 1974 musste ich mich entscheiden: studieren oder direkt ins Berufsleben?
Ich habe mich deshalb beim Bundeskriminalamt beworben, das damals noch sehr hohe Ansprüche an die Voraussetzungen stellte, und habe ein hartes Auswahlverfahren durchlaufen müssen. Nach einer 3-jährigen Ausbildung (die heute ein Fachhochschulstudium ist) begann ich in der Sicherungsgruppe (Schutz von Politikern oder auf Neudeutsch: Bodyguard!). Nach einem Jahr wechselte ich in die Abteilung Terrorismus.
Eine gute Entscheidung, denn damals war noch die Hochzeit der RAF und ich konnte während meiner Tätigkeit dort noch an der Festnahme fast aller der meistgesuchten RAF-Terroristen teilhaben. Nach 9 Jahren wechselte ich in die Abteilung Staatsschutz und dort in den Bereich Spionagebekämpfung. Wieder eine gute Entscheidung, denn ein Jahr später fiel die Mauer und wir hatten mehr zu tun, als wir uns jemals hatten vorstellen können. 10 Jahre später (als die Hinterlassenschaften der ehemaligen DDR nahezu aufgearbeitet waren) wechselte ich in den Bereich Informationstechnologie, wo ich zunächst als Lehrer und später als Projektmitarbeiter tätig war. Im Jahr 2005 bot sich mir nach 31 Jahren im BKA die Chance, ein Projekt bei der Bundespolizei zu leiten, weshalb ich zu dieser großen Behörde wechselte und dort bis zu meiner Pensionierung - 10 Jahre später - tätig war.

Wie vereinbarte sich Ihr Polizeiberuf mit Ihren damaligen Berufswünschen?
Mit einem Wort: ideal!
Ich hatte stets das Glück, zur richtigen Zeit im richtigen Bereich tätig sein zu dürfen. Die Arbeit entsprach genau meinen Wünschen und Fähigkeiten, und bekanntlicherweise macht man das, was man gerne tut, auch am besten. Meine Schwerpunkte lagen immer im Ermitteln, aber vor allem im Umgang mit Menschen. Das kommt einem hauptsächlich bei Vernehmungen sehr zu Gute.

Warum haben Sie sich gegen ein Studium der Rechtswissenschaft entschieden?
Ganz ehrlich? Weil ich zu faul war, neben dem von mir eigentlich favorisierten Studium noch zu jobben – und meinen Eltern wollte ich nicht mehr auf der Tasche liegen. Deshalb habe ich nach einer artverwandten Tätigkeit gesucht, mit der ich aber sofort Geld verdienen konnte.

Sind Sie zufrieden über Ihren beruflichen Werdegang?
Mehr als nur zufrieden. Ich hatte immer zur richtigen Zeit auch die richtigen Vorgesetzten, die meine Fähigkeiten erkannt, und mich in den für mich richtigen Bereichen eingesetzt haben. Deshalb habe ich ziemlich schnell Karriere gemacht und war mal eine kurze Zeit der jüngste Kriminalhauptkommissar Deutschlands – mit 27 Jahren. Dass ich danach lange Zeit in diesem Dienstgrad verharren musste, hat mich nie gestört. Meine Arbeit hat mir bis auf wirklich ganz wenige Ausnahmen immer Spaß gemacht, was sich auch bis zum Schluss nicht geändert hat.

Haben Sie eigentlich eine Verbindung zur Goethe-Universität?
Oh ja! Während meiner Grundausbildung habe ich im letzten Jahr, also 1977, in der Freizeit als Gasthörer Vorlesungen und Kurse in Strafrecht besucht. Das war immer meine Lieblingsdisziplin in der Rechtswissenschaft. Damals noch in Bockenheim und leider nicht auf dem wirklich wunderschönen Uni-Campus Westend.

Das hört sich sehr engagiert an? Auch neben der Ausbildung über den Tellerrand zu schauen und freiwillig Gasthörer zu sein.
Warum haben Sie das gemacht und was hat es Ihnen gebracht?

Ich vertrat schon immer die Meinung: Alles zahlt sich irgendwann aus. Und so war es auch in diesem Fall: Durch meine Gasthörerschaft habe ich in den Abschlussklausuren in Strafrecht eine 1 erlangen können (ja, damals gab es noch kein Punktesystem), was sich auf meine Gesamt-Lehrgangsnote ausgewirkt und auch zu schnelleren Beförderungen geführt hat.

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Schon als Kind habe ich gerne geschrieben. Reime, Gedichte, kleine Geschichten. Meine Aufsätze haben meine Lehrer bisweilen so begeistert, dass sie über meine nicht unerheblichen orthografischen Schwächen hinweggesehen haben – Glück gehabt. Während des Berufslebens musste ich gezwungenermaßen sehr viel schreiben. Teilweise Berichte mit einer Länge von über 60 Seiten – was schon kleinen Abhandlungen nahekam.
Das, in Verbindung mit meiner überschäumenden Fantasie, hat fast automatisch zum Schreiben von Romanen geführt. Nur hatte ich leider nie ausreichend Zeit, dieser Berufung konsequent zu folgen. Einen meiner Romane habe ich bereits vor über 30 Jahren angefangen. Zunächst auf der Schreibmaschine (natürlich mechanisch), dann am Computer, aber immer wieder unterbrochen, mal wieder angefangen und wieder auf Eis gelegt. Ich habe ihn erst vor drei Jahren beendet. Die Geschichte einer intelligenten Katze, die in eine Verschwörung verwickelt wird und mehrere Mordfälle löst. Der Wunsch, speziell dieses Buch endlich zu Ende zu schreiben, war schließlich der Auslöser für meine schriftstellerische Tätigkeit – und natürlich der Wunsch, nach meiner Pensionierung noch einer sinnvollen und zugleich fordernden Tätigkeit nachgehen zu können.

Heute sind Sie Pensionär. Haben Sie sich seit dem mehr dem Schreiben gewidmet?
Allerdings. Heute schreibe ich nur noch und sehe diese Tätigkeit inzwischen sogar als meinen zweiten Beruf an. Anfänglich habe ich mich tatsächlich noch wie ein Hochstapler gefühlt, wenn ich behauptet habe: Ich bin Autor und schreibe Bücher. Ehrlicherweise wurde ich auch in meinem Umfeld meist müde belächelt. Das hat sich alles erst seit meinem dritten Buchvertrag geändert, auch wenn ich eben (noch) kein Bestseller-Autor bin.

Wie viele Stunden am Tag schreiben Sie oder wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Ich war Beamter J, was liegt also näher, als dass ich über meine Aktivitäten akribisch Buch führe. Deshalb bin ich nicht auf Schätzungen angewiesen, sondern kann sagen, dass ich durchschnittlich pro Tag 1 Stunde und 45 Minuten schreibe. Allerdings macht das eigentliche Schreiben (tippen) nur etwa ein Drittel der gesamten Tätigkeit aus. Ein weiteres Drittel besteht aus Marketing (Lesungsaquise, Schriftverkehr, soziale Netzwerke, Forentätigkeit, Austausch mit anderen Autoren und so weiter) und zu einem Drittel besteht die Tätigkeit aus Recherche.
So kommen also im Schnitt insgesamt etwa 5 Stunden 15 Minuten zusammen.
Einen typischen Arbeitstag gibt es nicht. Mal arbeite ich 12 Stunden an einem Tag, an einem anderen widme ich mich voll und ganz meiner Frau und/oder meinen Hobbys.

Wie viel recherchieren Sie für Ihre Werke und auf welchem Wege?
Das ist unterschiedlich. Wenn ich in einem Roman lese, dass Taucher mit „Sauerstoffflaschen“ unterwegs sind, muss ich lachen. Auch viele Ungereimtheiten oder Ungenauigkeiten wie „Gerichtsmediziner“ statt „Rechtsmediziner“, „Selbstmord“ statt „Suizid“, stören mich. Wenn ich etwas nicht weiß, versuche ich, es herauszufinden. Das ist heutzutage dank Internet eigentlich kein Problem mehr – nur eben zeitaufwendig. Manchmal brauche ich eine Stunde oder mehr, um einen Fakt herauszufinden, der im Buch nachher nur einen Halbsatz ausmacht. Dann ist es auch die Frage, was man schreibt. Für einen historischen Krimi, der in nicht allzu ferner Vergangenheit spielt und in dem auch noch Personen der Zeitgeschichte vorkommen, ist die Recherche erheblich aufwendiger als für einen Science Fiction Roman oder eine Romanze.

Warum schreiben Sie Kriminalromane?
Weil ich es kann!
Nein, ehrlich, ich bin der Meinung, man sollte immer das tun, was man am besten kann. Hier habe ich einen beruflichen Hintergrund, kenne ein paar interne Abläufe und fühle mich einfach wohl in der Materie.

Schreiben sie auch andere Romane?
Ein ganz klares: Jein!
Ich habe bereits einen historischen Krimi geschrieben, der im Jahre 1924 spielt (aber noch keinen Verlag dafür gefunden), sowie die besagte Geschichte mit der intelligenten Katze, die ja eher in Richtung Science Fiction geht. Demnächst erscheint ein kontrafaktischer Krimi, also eine „Was-wäre-wenn-Geschichte“, die ja auch mit der Realität nur entfernt zu tun hat – aber es sind eben alles Kriminalgeschichten.


Von Ihnen wird gesagt, dass Sie ein Anliegen haben realitätsnah zu schreiben.
Handeln viele Ereignisse in Ihren Werken von tatsächlich erlebten Situationen?

Soweit es Situationen zwischen Kollegen oder Vernehmungen oder den Ablauf von Durchsuchungen angeht: Ja. Aber es gibt bei weitem nicht genügend Mordfälle in Deutschland (zum Glück), als dass ich darüber schreiben könnte. Ich selbst habe tatsächlich lediglich in einem einzigen Tötungsdelikt jemals ermittelt, und das war vor 40 Jahren. Aber glücklicherweise habe ich durch den Austausch mit Kollegen oder durch Fachzeitschriften von vielen abstrusen und rätselhaften Todesfällen gehört oder gelesen, die ich ja dann auch verarbeiten kann. In meinem nächsten Buch werden die Leser vor ein solches Rätsel gestellt und diesen Fall hat es tatsächlich gegeben: Ein Mann sitzt in seinem Auto und sein Kopf liegt neben ihm auf dem Beifahrersitz. Das Auto steht unbeschädigt auf einer schneebedeckten Wiese und es gibt darum herum keine Fußspuren, lediglich die Reifenspuren des Wagens. In dem Auto wird aber auch kein Tatwerkzeug gefunden. ???
Da dürfen Sie dann schon mal drüber nachdenken. Die Auflösung können Sie im Juli 2017 nachlesen.

Schreiben Sie ein Buch chronologisch oder springen Sie während des Schreibens?
Ich persönlich mache es meistens wie der Bildhauer, der den Marmorblock nimmt und einfach alles weghaut, was nicht nach „nackter Frau“ aussieht.
Spaß beiseite – ich kenne meist den Anfang und den Schluss. Danach arbeite ich mich langsam und meist chronologisch durch das „Wie“ und „Warum“. Sollte ich zwischendrin eine gute Idee haben, notiere ich die und greife später darauf zurück.

Auf welches Werk sind Sie besonders stolz und warum?
Wirklich schwer zu beantworten, aber ... ich mag ganz besonders den Anfang 2018 unter dem Titel „Strahlenflucht“ herauskommenden „Was-wäre-wenn“-Krimi, weil ich darin viel von meinen politischen und moralischen Vorstellungen einbringen konnte, ohne jemandem auf die Füße zu treten. Es dreht sich insgesamt um Flüchtlinge und wie man einen weit größeren Flüchtlingsstrom bewältigen könnte, wenn man als Europa geeint auftreten würde und alle an einem Strang zögen.

Wie sind Sie zu Ihrem Verlag gekommen?
Durch meine Agentur. Nach einer Beratung durch etablierte Autoren habe ich mich bei fünf Agenturen beworben, die Schriftsteller vertreten und für sie den Kontakt mit Verlagen aufnehmen. Nachdem ich eine Agentur für mich gewinnen konnte, war die schwerste Hürde geschafft.
Die Agentur bemüht sich aus verständlichem Eigeninteresse (prozentuale Beteiligung an allen Einnahmen), einen Verlag zu finden.
Dieser Vorfilter ist für die Verlage und auch für die Autoren die beste Möglichkeit, ein Buch auf den Markt zu bringen. Ich kann jedem werdenden Autor nur raten, diesen Weg über eine Agentur zu gehen, denn der direkte Weg zu den Verlagen ist heutzutage für einen Neuling so gut wie nie erfolgreich. Agentur und Autor, das bezeichnet man heute wohl zurecht als sogenannten Win-Win-Situation.

Wie viel verdient man als Autor?
Ha, ha – gute Frage. Ich könnte mich jetzt darauf zurückziehen, dass jeder das kriegt, was er verdient – aber das wäre ausweichend.
Ein junger Autor, der noch keinen Bestseller geschrieben hat, bekommt je nach Verlag von jedem verkauften Buch 7 – 8 % des Verkaufspreises. Davon geht noch mal die prozentuale Beteiligung der Agentur ab. Der Rest gehört dann dem Autor – bis auf den Anteil, den dann das Finanzamt noch verlangt.
Jetzt kann man sich ausrechnen, wie viel Bücher man verkaufen muss, damit man davon leben kann. Das sollen nach mir vorliegenden Informationen lediglich 2% der AutorInnen in Deutschland schaffen.

Sind Sie viel auf Lesungen?
Soviel ich nur kann, vor allem deshalb, weil es mir unbändigen Spaß macht. 2016 hatte ich insgesamt sechs Lesungen, 2017 werden es mindestens 14 Lesungen sein, aber ich hoffe, noch ein paar mehr vereinbaren zu können.

Welches Buch erscheint als nächstes?
Am 05.07.2017 erscheint im Gmeiner Verlag „Frankfurter Blutspur“, die Fortsetzung des ersten Mandelbaum-Krimis „Frankfurter Kaddisch“.

An welchem Werk arbeiten Sie gerade?
Aktuell habe ich die Arbeit an einer etwas anderen Art von Krimi aufgenommen. Nur so viel: es geht um Seelenwanderung, wobei die Seele des Protagonisten, der sich „der Sandmann“ nennt, im Körper eines unschuldig wegen Mordes an seiner Frau in Untersuchungshaft einsitzenden kroatischen Kleinkriminellen landet. Zusammen mit ihm versucht er, den wahren Täter zu überführen.

Wo kann man Sie als nächstes hören?
Die Premierenlesung für „Frankfurter Blutspur“ findet am 25.08.2017 in der Buchhandlung Bärsch in Frankfurt-Höchst statt.
Wer sich über aktuelle Lesungstermine informieren will, die sich vielleicht noch vor dieser Premierenlesung ergeben, der kann dies auf meiner Webseite tun, unter https://www.dieter-aurass-autor.de/

Ihr Tipp für die Studierenden wie Sie ihren Berufstraum verwirklichen können?
BEHARRLICHKEIT ist der Schlüssel zum Erfolg ... und auf keinen Fall zu früh aufgeben. Ich habe im Laufe meines Lebens zu viele Menschen erleben müssen, die sich verwirklichen oder verändern wollten, aber beim kleinsten Rückschlag aufgegeben haben. Fragen Sie, bohren Sie nach, bleiben Sie dran, aber geben Sie NIEMALS zu früh auf!

Karriereplaner - Ausgabe: SS 2017